Halsbänder gegen lästige Parasiten
Die KVP in Kiel ist gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Weil immer mehr Menschen Haustiere halten, ist die Nachfrage nach Arzneimitteln für Nutz- und Haustiere weltweit enorm gestiegen.
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Thorsten Dohse
stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei KVP Pharma + Veterinär Produkte
»Bei der KVP wird in die Zukunft investiert.«
Der Verkaufsschlager ist kein Legostein, wird aber mit derselben Technik hergestellt. »Wir haben ähnliche Maschinen wie der dänische Spielzeughersteller«, erzählt Herstellungsleiter Tim Felke schmunzelnd. Nur ist das Produkt rund statt eckig und für kleine Vierbeiner bestimmt, nicht für Kinder.
Mit vollautomatischen Spritzgussmaschinen produziert die KVP Pharma + Veterinär Produkte Floh- und Zeckenhalsbänder für Katzen und Hunde.
Am Monitor einer der Spritzgussmaschinen überwacht Alper Alp, wie das Granulat erhitzt und verflüssigt wird. »Das Gemisch aus Kunststoff und speziellen Wirkstoffen wehrt Flöhe und Zecken ab und tötet sie«, berichtet der junge Maschinenführer. »Andere Inhaltsstoffe sorgen dafür, dass der Wirkstoff langsam vom Halsband an die Haut abgegeben wird«. Das Granulat wird im Hause, ein paar hundert Meter entfernt, aufbereitet und in Big Bags angeliefert. 16 000 Halsbänder schaffen Alper Alp und seine Kolleg*innen in einer Schicht. Gearbeitet wird an sechs Maschinen im Dreischichtsystem. Insgesamt produziert die KVP am Standort etwa zehn Millionen Halsbänder pro Jahr.
Das Sortiment ist dabei breit aufgestellt: Neben Arzneimitteln für Rinder und Schafe produziert die KVP Produkte zum Schutz und zur Behandlung von Haustieren, insbesondere für Haustiere wie Hunde und Katzen. Hergestellt werden Medikamente gegen den Befall mit Parasiten, vor allem von Flöhen und Zecken – zum Einmalgebrauch in Pipetten oder eben als Halsbänder. Die insgesamt 177 Produkte werden in rund 70 Länder geliefert. Hauptabsatzmarkt sind die USA.
Das Unternehmen
Die KVP Pharma + Veterinär Produkte in Kiel wurde 1974 als Unternehmen der Bayer-Gruppe gegründet und produzierte mit 26 Beschäftigten zunächst Verpackungen für pharmazeutische Produkte. Seit 1980 stellt sie zunächst feste Tierarzneimittel wie Tabletten, später auch flüssige Medikamente zum Einmalgebrauch in Pipetten her.
Mit der Inbetriebnahme der ersten Spritzgussmaschine 1985 startete die Produktion von Tier- Halsbändern. Seit 2005 wurden die Produktionskapazitäten kontinuierlich ausgebaut, um die weltweit gestiegene Nachfrage zu befriedigen.
Mit dem Verkauf der Tierarzneimittelsparte im Jahr 2020 ging die KVP in den Besitz des US-Pharmakonzerns Elanco Animal Health über — eines der weltweit führenden Tier- gesundheitsunternehmen. Heute arbeiten bei KVP mehr als 900 Beschäftigte, darunter 28 Auszubildende.
Die Halsbänder sind eine Erfolgsgeschichte: Entwickelt wurden sie 2011 in einem Schwesterbetrieb innerhalb der Tierarzneisparte der Bayer AG. Zwei Jahre später startete die Produktion in Kiel.
»Die Nachfrage war bedeutend höher als erwartet«, berichtet Herstellungsleiter Tim Felke. Insbesondere der Bedarf auf dem chinesischen Markt steigt unaufhörlich. »Wir mussten die Produktionskapazitäten erheblich aufstocken.«
Seit Beginn der Pandemie boomen auch die anderen Unternehmensbereiche wie die Pipetten-Produktion. »Viele Menschen schaffen sich Haustiere an. Dadurch ist die Nachfrage nach unseren Tierarznei-mittel-Produkten weiter gestiegen«, berichtet Thorsten Dohse. Neue Anlagen wurden in Betrieb genommen und das Schichtsystem in einigen Bereichen auf Vollkonti umgestellt, so der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. »Zur Entlastung der Kolleginnen und Kollegen haben wir eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber über entsprechende Freischichten abgeschlossen.«
Die Produktion der Tierarznei-Produkte ist bei der KVP weitestgehend digitalisiert. »Mit unserem Produktionsdokumentationssystem kontrollieren wir sie in Echtzeit«, berichtet Herstellungsleiter Tim Felke. Die Kolleg*innen in den Abteilungen arbeiten papierlos. Sie dokumentieren an den Touchscreens der Produktionsanlagen. »So können wir schneller in die Prozesse eingreifen und bereits bei der Eingabe Fehler vermeiden.«
Die zunehmende Digitalisierung führe bei der KVP zur Steigerung der Produktionskapazitäten, berichtet Thosten Dohse. »Wir nehmen die Beschäftigten mit und schulen sie in der Bedienung der neuen Maschinen.« Bei der KVP wird in die Zukunft investiert.
Michaela Ludwig