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VOR ORT: Bayern

Ein tragfähiges Haustarifpaket ist unverzichtbar

Straubing | Tarifaktion beim Automobilzulieferer Antolin in Straubing

Arbeitgeberseite ist gefordert: Starkes Zeichen für einen Haustarif.

Foto: IGBCE-Bezirk Kelheim-Zwiesel

Mitte März setzten zahlreiche Mitarbeitende des Automobilzulieferers Antolin in Straubing mit IGBCE und DGB ein Zeichen für einen neuen, tragfähigen Haustarif.

Verhandelt wird bereits seit vergangenem September. Nach anfänglich konstruktiven Gesprächen habe die Arbeitgeberseite im Februar aber bereits erzielte Konsenspunkte aufgekündigt und verschiedene Forderungen nachgeschoben, so die Kritik des IGBCE-Bezirks Kelheim-Zwiesel.

Zudem habe der Arbeitgeber angeboten, den nachwirkenden Haustarif, der von ihm selbst gekündigt worden war, in groben Zügen wiedereinzusetzen. »Allerdings gibt es bei der Interpretation des gekündigten Haustarifvertrags weitreichende Differenzen. Außerdem wurden Forderungen nach einer Änderung verschiedener Tarifregelungen angekündigt, die wir bislang noch nicht kennen«, so der IGBCE-Verhandlungsführer Christian Schlag.

Die Tarifauseinandersetzung sei von Antolin insofern verschärft worden, als eine bereits fällige Entgelterhöhung bislang nicht weitergegeben wurde, kritisierte Schlag. Dies habe eine Massenklage zur Folge gehabt, die noch immer laufe. Ende Februar habe die Arbeitgeberseite die rückwirkende Zahlung der ausständigen Entgelterhöhung zugesagt. Nun erwarte man die schnellstmögliche Auszahlung.

Der Betriebsratsvorsitzende Johann Weiß verwies zudem auf die untergeordnete Rolle, die die Sozialpartnerschaft im Unternehmen spiele. So seien bereits vor Auslaufen eines einschneidenden Standortsicherungstarifvertrags die nächsten Kürzungen gefordert worden. »Als dem vonseiten der Belegschaft eine klare Absage erteilt wurde, hat die Arbeitgeberseite im ersten Schritt damit gedroht, Aufträge andernorts zu platzieren und im zweiten Schritt den Haustarif gekündigt«, so Weiß.

»Eine Sanierung über die Hintertür eines neuen Haustarifpakets kann es nicht geben«, bekräftigte Gewerkschaftssekretär Schlag. »Wir fordern ein modernes, tragfähiges Haustarifpaket, das eine Übernahme der Entgelterhöhungen aus dem Flächentarif beinhaltet. Einer Absenkung des derzeitigen Leistungsniveaus erteilen wir eine Absage.«

Unterstützung kommt vom DGB Niederbayern. Geschäftsführer Andreas Schmal unterstrich im Rahmen der Tarifaktion den Stellenwert guter Tarifverträge: »Ihr leistet gute Arbeit und habt bereits einen hohen Beitrag zur Standortsicherung geleistet. Jetzt ist die Arbeitgeberseite aufgefordert, ihren Teil zu leisten und mit der IGBCE einen zukunftsweisenden Haustarif abzuschließen.«

Auf dem Weg zurück in die Fläche

Röthenbach a. d. Pegnitz | Tarifergebnis beim mittelfränkischen Grafitelektrodenhersteller Graphite Cova

Der Auftrag war klar formuliert: Ein »weiter so« darf es nicht geben und die Zugeständnisse der Vergangenheit müssen ein Ende haben. Unter diesem Motto kämpft der IGBCE-Bezirk Nürnberg schon seit mehr als zwei Jahren engagiert in zähen und auch coronabedingt herausfordernden Tarifverhandlungen um eine Rückkehr in den Flächentarifvertrag Chemie – mit Unterbrechung in der ersten Welle und zwischenzeitlicher Interimslösung. Aktuell befindet sich der mittelfränkische Grafitelektrodenhersteller, der 2004 aus dem in Insolvenz gegangenen Traditionsunternehmen Conradty hervorgegangen ist, nur in Anlehnung an diesen mit abgesenkten Entgelten.

In der neunten Verhandlungsrunde konnte im März nun endlich ein Ergebnis erzielt werden. Neben einer Anpassung an die Tariferhöhungen aus der Fläche handelte das Team um Betriebsbetreuer Christian Vossenkaul für 2022 eine Corona-Prämie in Höhe von 400 Euro, ab 2023 300 Euro sowie ab 2024 600 Euro zusätzliches Urlaubsgeld aus. Darüber hinaus profitieren die Mitarbeitenden auch künftig von den prozentualen Erhöhungen der Fläche Chemie.

Die Verhandlungen mit der Geschäftsführung von Graphite Cova gestalteten sich schwieriger als je zuvor. Dazu beigetragen haben nicht nur die äußeren Einflüsse, angefangen von der Corona-Pandemie bis zum Krieg in der Ukraine. »Auch die Bereitschaft der Arbeitgeberseite, eine langfristige Lösung zu finden, um den Kolleginnen und Kollegen das zu geben, was ihnen vor mehr 15 Jahren versprochen wurde, ist aktuell nicht mehr gegeben«, so der Gewerkschaftssekretär des IGBCE-Bezirks Nürnberg.

Sein Resümee: »Wir haben dennoch einen ersten Schritt gemacht, unserem Ziel der Fläche Chemie ein Stück näherzukommen. Jetzt ist es daran, an diesem Teilerfolg weiterzuarbeiten und auch auf allen anderen Ebenen stark in die Zukunft zu gehen.«

Michael Kniess

»Bei der IGBCE Demokratie gelernt«

nürnberg | Virtuelles Zusammenkommen im IGBCE-Bezirk Nürnberg

Konferenz nach der Konferenz: Mehr als ein Rückblick auf 2021 im Bezirk.

Foto: a2b2c

2021 war ein turbulentes und lebendiges Konferenz- und Kongressjahr. Engagiert wurde in Mittelfranken diskutiert und beraten. Mehr als 30 Anträge zu verschiedensten Themen haben die Delegierten auf den Weg gebracht. Einen Überblick, was aus all diesen Anträgen geworden ist, bot eine digitale »Konferenz nach der Konferenz«, zu der der IGBCE-Bezirk Nürnberg im März eingeladen hatte.

Manche der Anliegen haben es bis auf den IGBCE-Gewerkschaftskongress geschafft und wurden auf Bundesebene angenommen – etwa die Themen »Engagement gegen rechts« und »Stärkung der Tarifbindung«.

Francesco Grioli, Mitglied im geschäftsführenden Haupt- vorstand der IGBCE, lobte ausdrücklich die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Funktionär*innen im IGBCE-Bezirk Nürnberg. Ebenfalls zugeschaltet war Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD: »Ich habe bei der IGBCE Demokratie gelernt: Zuerst war ich Gewerkschaftsmitglied, dann auch in der SPD aktiv.«

Stephan Doll, Geschäftsführer des DGB Mittelfranken, unterstrich, er sei stolz darauf, in der Metropolregion Nürnberg so viele Kolleg*innen in den Einzelgewerkschaften zu sehen, die für ein solidarisches, gerechtes Deutschland einstehen.

Solidarität, ja. Aber auch mit uns.

münchen | Kunststoff-Tarifrunde 2022 in Bayern: Tarifkommission fasst Forderungsbeschluss

Mit welchen Forderungen soll die IGBCE Bayern in die Verhandlung mit der Arbeitgeberseite über einen neuen Lohn- und Gehaltstarifvertrag in der Kunststoffbranche gehen? Darüber diskutierte die Tarifkommission in einer virtuellen Sitzung am 29. März.

Diese war sich nach einem intensiven Austausch einig: Wir brauchen einen Forderungsbeschluss, der einerseits der aktuell überwiegend positiven wirtschaftlichen Lage in den Betrieben Rechnung trägt, aber auch den Unsicherheiten bedingt durch die Automotive-Krise und den Ukraine-Krieg. Das Resümee: Solidarität, ja. Aber bitte auch mit uns.

Als Antwort auf die zuletzt deutlich gestiegenen Energiepreise oder die aktuell hohe Inflationsrate sprachen sich die Mitglieder einstimmig für eine Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um durchschnittlich 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten aus, um die Kaufkraft der Beschäftigten nachhaltig zu steigern. Außerdem Gegenstand des Forderungsbeschlusses: die Förderung der aktiven Sozialpartner- schaft und des Engagements hierfür vor Ort in den Betrieben. Auch eine Ausbildung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie müsse »MEHR.WERT« sein.

»Unsere Forderung ist vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen, die uns auch bedingt durch die Transformation alle treffen, notwendig und angemessen«, betonte Gerd Hammerl, stellvertretender Landesbezirksleiter der IGBCE in Bayern. Der Verhandlungsführer weiter: »Die Belegschaften sind das höchste Gut der Branche. Gleichzeitig stehen gerade die Beschäftigten in den energie- und rohstoffintensiven Industrien im Zuge der Transformation besonders im Fokus. Sie brauchen Sicherheit und Perspektiven. Um die dafür notwendigen Weichen zu stellen, führt kein Weg an der IGBCE vorbei.«

Das Ergebnis der ersten Verhandlungsrunde am 26. April war bei Redaktionsschluss noch offen.

Michael Kniess

#BR-Wahlen 2022

Foto: Privat